In Deutschland brennt alle 2-3 Minuten ein Wohnhaus oder eine Wohnung. Die Brandursachen sind vielfĂ€ltig. Doch alle haben die gleichen Voraussetzungen gemeinsam: brennbares Material, eine ZĂŒndquelle und Sauerstoff. Um die Ausbreitung eines potenziell entstehenden Brandes daher zu verhindern, sind schwer entflammbare Baustoffe unverzichtbar.
Der Feuerwiderstand von Bauteilen ist von fundamentaler Bedeutung. Nach den baurechtlichen Bestimmungen mĂŒssen die Bauteile genauer gesagt, die Baustoffe, die zu ihrer Herstellung verwendet werden, mindestens 90 Minuten widerstandsfĂ€hig gegen Feuer sein. AuĂerdem mĂŒssen sie aus nicht brennbaren Materialien bestehen. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich in der DIN 4102-1: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. Die Klassifizierung in Baustoffklassen erfolgt nach DIN 4102-4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile.
Was sind Bauprodukte?
Der Begriff Bauprodukt umfasst sĂ€mtliche hergestellte Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die dauerhaft in Bauten eingebaut werden. Ebenso fĂ€llt unter den Begriff die technische GebĂ€udeausrĂŒstung. Des weiteren Bauprodukte aus Baustoffen oder Bauteilen vorgefertigter Anlagen, die speziell hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden.
Einteilung und Definition der Baustoffklassen
FĂŒr die Einteilung in Baustoffklassen ist das Brandverhalten der Baustoffe ausschlaggebend. GrundsĂ€tzlich wird zwischen nicht brennbaren und schwer brennbaren, genauer gesagt entflammbaren Baustoffen unterschieden. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Hausbrandes hĂ€ngt entscheidend davon ab, welche Materialien im Haus verbaut wurden. Um diese Gefahr zu begrenzen, sind die Baustoffklassen und deren Einsatz in Deutschland gesetzlich geregelt.
Die gesetzlichen Regelungen nach DIN 4102 zum Brandverhalten von Baustoffen sind jedoch in jedem Bundesland im dort jeweils geltenden Baurecht enthalten. Die technischen Regeln fĂŒr Baumaterialien und Bauarten, die zwecks Einhaltung der in den Landesbauordnungen an bauliche Anlagen gestellten Anforderungen zu beachten waren, wurden vom Deutschen Institut fĂŒr Bautechnik (DIBt) im Einvernehmen mit den obersten Bauaufsichtsbehörden der LĂ€nder in sogenannten Bauregellisten veröffentlich und halbjĂ€hrlich fortgeschrieben.
Die Baustoffe und Bauarten nach den Landesbauordnungen, das sind die geregelten Bauprodukte, wurden in der Bauregelliste A aufgefĂŒhrt. Baustoffe, die entsprechend den Richtlinien der EU mit dem CE Zeichen gekennzeichnet waren, wurden in der Bauregelliste B aufgefĂŒhrt. FĂŒr diese Liste galt ein Klassifizierungssystem vom europĂ€ischen Komitee fĂŒr Normung (CEN)aus dem Jahr 2001. Diese europaweit geltenden einheitlichen Anforderungen fĂŒr den Brandschutz stuften die Baustoffe nach DIN EN 13501-1 in sieben Euroklassen A1, A2, B, C, D, E und F ein. Und schlieĂlich die Baumaterialien von untergeordneter baurechtlicher Bedeutung. Diese waren in der Bauregelliste C angegeben. Am 1. April 2019 wurden alle Bauregellisten dann aufgehoben. An ihre Stelle trat die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB). Diese verweist in ihren Vorbemerkungen unter Absatz 1 „bauordnungsrechtliche Vorgaben“ auf die Musterbauordnung (MBO).
Dabei handelt es sich um eine standardisierte Mindestbauordnung. Die MBO wurde von der ARGEBAU, der Arbeitsgemeinschaft der fĂŒr StĂ€dtebau, Bau- und Wohnungswesen zustĂ€ndigen Minister und Senatoren aller BundeslĂ€nder ausgearbeitet. Im § 26 Abs. 1 MBO sind die Regelungen zum Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen aufgefĂŒhrt. Die MBO unterscheidet zwischen nicht brennbaren, schwerentflammbaren und normalentflammbaren Baustoffen. Baumaterialien, die das Mindestbrandverhalten unterschreiten, sogenannte leichtentflammbare Baustoffe sind fĂŒr den Hausbau verboten.
Die Baustoffklassen A1 bis B3 nach deutscher Norm
Die Einteilung der Baustoffklassen erfolgt auf Basis genormter PrĂŒfverfahren. In DIN 4102 sind die sogenannten geregelten Baustoffe aufgefĂŒhrt, das sind solche, die ohne weitere PrĂŒfung die jeweilige bauaufsichtliche Anforderung erfĂŒllen. Die Baustoffe nach DIN 4102 unterteilen sich in:
- Nicht brennbar (Baustoffklasse A1 oder A2)
- Schwer entflammbar (Baustoffklasse B1)
- Normal entflammbar (Baustoffklasse B2)
- Leicht entflammbar (Baustoffklasse B3)
Nicht brennbare Baustoffe bestehen hauptsĂ€chlich aus nicht entzĂŒndbaren Materialien. Sie teilen sich auf in die Klassen A1 und A2. Die Baustoffe der Klasse A1 benötigen keinen extra Nachweis ihrer Nichtbrennbarkeit. Dazu zĂ€hlen z. B. Ton, Kies, Sand, Beton, Mörtel, Steinzeug, Stahl, Ziegel, Schaumglas, Baukeramik oder Kalzium-Silikat-Platten.
Hinzu kommen Baustoffe aus nicht entflammbaren Bestandteilen, die jedoch in geringem Umfang brennbare Substanzen enthalten wie Gipsplatten mit geschlossener OberflĂ€che. Baustoffe der Klasse A2 sind nicht brennbar, enthalten andererseits auch einige brennbare Bestandteile. Dazu zĂ€hlen Gipskarton- oder Gipsfaserplatten sowie Mineralfaserplatten mit Kunstharzbindung. Schwer entflammbare Baustoffe der Klasse B1 sind solche, die nach Beseitigung der Brandursache nicht selbststĂ€ndig weiter brennen dĂŒrfen. Darunter fallen z. B. Kunststoffe, PS-Schaum, Hart-PVC, Korkerzeugnisse oder Holzwolle-Leichtbauplatten. Brennbare Baustoffe, die fĂŒr den Hausbau zugelassen sind, mĂŒssen mindestens die Anforderungen der Baustoffklasse B1 erfĂŒllen.
Die Klasse enthĂ€lt eine groĂe Anzahl an geregelten Baustoffen. Z. B. Dachpappen, PU-Schaum Holz und Holzwerkstoffe mit einer Dicke von mehr als 2 mm, Gips-Verbundbauplatten, textile oder PVC-FuĂbodenbelĂ€ge, Dachdichtungsbahnen aus Polymerbitumen etc. Fehlen noch die leicht entflammbaren Baustoffe der Klasse B3. Materialien wie Pappe, Stroh, Papier, Schaumkunststoffe oder unbehandelte Schafwolle dĂŒrfen ohne weitere BrandschutzmaĂnahmen in Deutschland nicht beim Bau verwendet werden. Eine höhere Brandlasteinstufung kann jedoch erreicht werden durch den Einsatz von Flammschutzmitteln oder wenn die Materialien zusammen mit anderen nicht brennbaren Baustoffen verbaut werden.
Die jeweils zutreffende Baustoffklasse ist an einer Kennzeichnung direkt am Baustoff selbst oder auf der Verpackung erkennbar. Davon ausgenommen sind die Baustoffe der Klasse A1. Das sind nicht brennbare Stoffe sowie Holz und Holzwerkstoffe mit einer Dicke von wenigsten 2 mm und einer Rohdichte von mindestens 400 kg/mÂł.
Die gesetzlichen Vorschriften fĂŒr GebĂ€ude
Wer ein Haus bauen will, muss in Deutschland einige Gesetze und Normen beachten. Die wesentlichen Anforderungen an den Brandschutz sind in mehreren DIN-Normen geregelt. Zum Beispiel die oben bereits erwĂ€hnte DIN 4102 zum Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. In der EU wird die Brandlast verwendeter Baustoffe und Bauteile in der DIN EN 13501 geregelt. Auf europĂ€ischer Ebene kommt ein Klassifizierungssystem zum Tragen, das europaweit geltende einheitliche Anforderungen fĂŒr den Brandschutz in sechs Baustoffklassen (Euroklassen A-F) festlegt.
- A: kein Beitrag zum Brand (A1, A2)
- B: sehr begrenzter Beitrag zum Brand
- C: begrenzter Beitrag zum Brand
- D: hinnehmbarer Beitrag zum Brand
- E: hinnehmbares Brandverhalten
- F: keine Leistung festgestellt
FĂŒr den Stahlbau gilt die DIN EN 1993-1-2. FĂŒr Stahlbetonbauten die DIN EN 1992-1-2. Regelungen fĂŒr den Holzbau finden sich in der DIN EN 1995-1-2. Neben den bereits beschriebenen Normen und Vorschriften zum Brandverhalten von Baustoffen gibt es noch eine Reihe weiterer gesetzlicher Vorschriften fĂŒr Bauten, die ebenfalls mit der Brandbelastung zu tun haben. Zum Beispiel wie die in DIN 4108 und dem GebĂ€udeenergiegesetz (GEG) formulierten Anforderungen zum WĂ€rmeschutz und zur Energie-Einsparung in GebĂ€uden.
Um dem WĂ€rmeverlust an GebĂ€uden entgegenzuwirken, werden sogenannte WĂ€rmedĂ€mmverbundsysteme (WDVS, WDV-Systeme) eingesetzt. Die hierdurch bedingten höheren DĂ€mmstoffdicken erhöhen die Brandlast an Fassaden. Das betrifft besonders den im GebĂ€udebau hĂ€ufig eingesetzten expandierten Polystyrolhartschaum (EPS). KunststoffschĂ€ume und die meisten alternativen DĂ€mmstoffe sind leicht brennbar. Ein Brand kann sich an einer gedĂ€mmten Fassade leicht ausbreiten. Besonders wenn das Feuer extrem lange und intensiv auf die FassadendĂ€mmung einwirkt. Im § 14 MBO sind bauordnungsrechtliche Schutzziele normiert, die bei GebĂ€udeauĂenwĂ€nden eine Brandausbreitung ĂŒber die Fassade verhindern sollen.
Die Entstehung und Ausbreitung von BrÀnden ist zu unterbinden. Zumindest solange bis die Feuerwehr eintrifft und mit den Löscharbeiten beginnen kann. Das Brandverhalten von DÀmmmprodukten kann z. B. durch die Zugabe von Flammschutzmitteln verbessert werden, sodas in der Regel eine Einstufung in die Klassifizierung als normal oder schwer entflammbare Baustoffe gegeben ist.
Welche Rolle spielen die GebÀudeklassen im Zusammenhang mit der Brennbarkeit von Baustoffen?
Die Musterbauordnung (MBO) und die Landesbauordnungen (LBO) beurteilen und bemessen die Anforderungen an den baulichen Brandschutz anhand von sogenannten GebÀudeklassen. Wesentliche Kriterien sind dabei das Brandverhalten der verwendeten Baustoffe und der Feuerwiderstand der verwendeten Bauteile.
Die Einteilung von Bauten in eine der GebÀudeklassen nach MBO ist abhÀngig von der GebÀudeart, der FlÀche und insbesondere der Höhe des GebÀudes. Dabei gilt, je höher das GebÀude, umso höher sind die Anforderungen an den baulichen Brandschutz. Diese beinhalten u. a. auch die Forderung, beim Bau Baustoffe mit einem Mindest-Feuerwiderstand zu verwenden.
Es gibt fĂŒnf GebĂ€udeklassen:
- GK1: a) frei stehende GebĂ€ude mit einer Höhe bis zu 7 m, maximal zwei Nutzungseinheiten und maximal 400 mÂČ sowie b) frei stehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte GebĂ€ude
- GK2: GebĂ€ude mit einer Höhe bis zu 7 m, maximal zwei Nutzungseinheiten und maximal 400 mÂČ
- GK3: sonstige GebÀude mit einer maximalen Höhe bis zu 7 m
- GK4: GebĂ€ude mit einer maximalen Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils maximal 400 mÂČ
- GK5: sonstige GebÀude inklusive unterirdischer GebÀude
Daneben gibt es als Sonderbauten eingestufte GebĂ€ude (§ 2 (4) MBO), z. B. HochhĂ€user, Hotels, KrankenhĂ€user, Schulen etc. Aufgrund der in der Regel gegebenen hohen Brandlastdichte oder dem Einsatz von brennbaren Baustoffen fĂŒr tragende Bauteile, weisen Sonderbauten ein erhebliches Gefahrenpotenzial auf.
Daher sind an diese GebĂ€ude besondere Anforderungen an vorbeugende MaĂnahmen gegen eine Brandausbreitung zu stellen. So mĂŒssen z. B. bei HochhĂ€usern fast alle Bauteile etwa tragende oder aussteifende Bauteile, AuĂenwĂ€nde, DĂ€cher sowie BodenbelĂ€ge, Bekleidungen, DĂ€mmungen aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen. Ab einer Höhe von 60,00 m muss auĂerdem die FeuerwiderstandsfĂ€higkeit tragender oder aussteifender Bauteile mindestens 120 Minuten betragen.
Fazit
Die Brennbarkeit von Baumaterialien spielt beim Hausbau eine nicht zu vernachlĂ€ssigende Rolle. Ob und wie schnell die verwendeten Baustoffe sich entflammen, ist entscheidend fĂŒr die Ausbreitung des Brandes. Je langsamer sich das Feuer ausbreitet, desto gröĂer ist die Chance der Feuerwehr, den Brand erfolgreich zu bekĂ€mpfen und vielleicht Menschenleben zu retten. Um den Brandschutz zu erhöhen, sind daher alle Baustoffe einer bestimmten Baustoffklasse abhĂ€ngig vom jeweiligen Brandverhalten zugeordnet.