Im Sanierungsbereich gibt es quasi kein Thema, das so delikat ist wie die Renovierung eines Fachwerkgebäudes. Die Kombination aus sehr verschiedenen, natürlichen Materialien, die in der Vergangenheit sehr gut funktionierte, kann heute unter dem Aspekt der aktuellen Bedürfnisse an Beheizung und der Wärmeschutzverordnung zu einer komplizierten Herausforderung werden.
Wir wollen Ihnen hier Informationen geben, wie Sie eine fachgerechte Sanierung nach modernen Standards durchführen und dennoch die Risiken von Bauschäden vermeiden können.
Die Risiken einer Fachwerksanierung
Seit der Erdölkrise in den Siebziger Jahren haben die Renovierungen von alten Gebäuden und leider auch die daraus resultierenden Bauschäden exponentiell zugenommen: Fachwerkfassaden wurden ohne fachgerechte Hinterlüftung mit Blendfassaden verkleidet und mit Glaswolle hinterfüttert, oder es wurden an den Innenwänden Styroportapeten und andere moderne Dämmprodukte der Baustoffindustrie aufgebracht.
Was an modernen Stein-Gebäuden noch halbwegs funktionierte, richtete und richtet innerhalb weniger Jahre irreparable Schäden am Fachwerk an. Oftmals blieb nur die Entfernung eines Großteils des verfaulten Holzes oder gar der Abbruch des gesamten Gebäudes. Ohne genaue Kenntnis der Bauphysik und der Altbausanierung sollte daher keine Sanierungsmaßnahme an einem Fachwerkgebäude vorgenommen werden.
Die Bestandsanalyse
Als erster Schritt einer Sanierung ist eine Analyse der alten Bausubstanz erforderlich. Diese gehört in die Hände eines Fachmanns, der Sorge dafür trägt, dass keine versteckten Mängel in einer scheinbar „perfekten“ Fachwerkfassade lauern.
Zum Beispiel kann das Holz auf der Fassadenseite und im Innenbereich gesund aussehen, aber an den beiden lateralen Seiten durch falsche oder fehlende Fugenverstriche um die Ausfachungen Feuchtigkeit oder Schäden aufweisen. Eine Dämmung ohne vorherige Fugen- und Holzsanierung wäre in diesem Falle fatal.
Nach der Untersuchung des Fachwerks müssen auch alle Ausfachungen kontrolliert werden. Gibt es lockere Bereiche? Aus welchem Material sind die Ausfachungen (zum Beispiel: Sichtmauerwerk, Kalk-Zement-Verputz oder Lehm)? Mit welcher Farbe wurden die Anstriche vorgenommen? Zumindest alte Anstriche sollten erneuert bzw. entfernt werden. In jedem Fall müssen sie komplett entfernt werden, wenn es sich außen oder innen um eine kunststoffgebundene Dispersionsfarbe handelt. Diese verhindert nämlich die wichtige Durchlüftung der Fachwerkfassade.
Die Bestandteile eines Fachwerkhauses
Je nach Baujahr und Region, bestehen Fachwerkgebäude im Wesentlichen aus zwei verschiedenen Komponenten:
Tragwerk (Fachwerkstruktur):
Diese ist eine in sich stabile, selbsttragende Konstruktion aus Holz, die später durch die Ausfachungen und Wände windstabil gemacht wurde. Dennoch ist diese Konstruktion autark, und jeder Zug- und Druckstab im Gebäude erfüllt eine wichtige Funktion in der Gesamtstatik.
Das laienhafte Entfernen nur eines Balkens kann die komplette Statik des Gebäudes gefährden. Nur Ingenieure mit großer Erfahrung in Fachwerkkonstruktionen bringen das notwendige Fachwissen mit, um gegebenenfalls schadhafte Holzbalken zu verstärken oder auszuwechseln.
Ausfachungen:
Diese übernehmen technisch gesehen die Stabilisierung des Gebäudes und funktionell gesehen die Funktion des Raumschlusses, also im Fassadenbereich Sichtschutz, Verhindern von Eindringen von Wind und Regen, Einbruchschutz, im Innenbereich die Abgrenzung von Räumen. Das Material muss entweder gut mit den Eigenschaften von Holz zusammenarbeiten oder durch entsprechende Fugenausbildung angepasst werden, um Rissbildung und Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern.
Die Materialien zur Sanierung
Tragwerk (Fachwerkstruktur):
Das Fachwerk besteht entweder aus Weichholz (Kiefer, Fichte) oder bei reichen Bürgerhäusern aus Hartholz (Eiche). Letztere ist viel resistenter gegen Schädlinge und Fäulnis, aber selbst ein Eichenbalken kann durch unsachgemäße Renovierungsversuche langfristig zerstört werden.
Zunächst sollte das Material Holz grundsätzlich immer ablüften können, um eventuell eindringende Feuchtigkeit schnell wieder abgeben zu können.
Daher darf Holz generell (auch Fenster etc.) niemals mit einer Acrylfarbe gestrichen werden. Richtig sind dagegen offenporige Holzlasuren, dabei sollten natürliche Lasuren auf Leinölbasis bevorzugt werden. Außerdem ist der beste Holzschutz immer ein konstruktiver: Große Dachüberstände an den beiden Giebelseiten, regelmäßige Überprüfung der Dachrinnen an den Traufseiten und alle Maßnahmen, die das schnelle Ableiten des Wassers erleichtern, sind die beste Garantie für ein gesundes Fachwerk.
Ist das Fachwerk bereits geschädigt, müssen die Schadenstellen repariert werden. Wenn sichergestellt ist, dass kein lebender Befall von Holzschädlingen, also Holzinsekten oder Pilze, mehr vorliegt, können Verstärkungen ein- oder zweiseitig angelascht werden. Dies geschieht normalerweise mit Lochblechen oder Nagelplatten, aber in der Denkmalpflege bei Sichtfachwerk auch wieder sehr häufig mit traditionellen, zimmermännischen Holzverbindungen wie Zapfen und Holzdübel.
Wenn jedoch durch längere Schädigung bereits Teile des Fachwerks völlig zerstört sind oder einzelne Balken bereits total fehlen, müssen Ersatzstäbe aus möglichst der gleichen Holzart eingesetzt werden. Dies können entweder neue Balken oder alte, gesunde Balken von einem antiken Bauhof sein. Diese sollten in jedem Fall immer zimmermännisch eingebaut werden.
Bei noch aktivem Befall muss zunächst eine Behandlung mit einem Insektizid oder Fungizid erfolgen. Als ökologische Alternativen bieten sich Holzessig, Borsalzöl und eine Heißluftbehandlung an. Letztere kommt vor allen Dingen bei Dachstühlen mit Holzwurmbefall zum Einsatz. Durch einen Sachverständigen sollte immer ein Befall mit dem echten Hausschwamm ausgeschlossen werden. Dieser ist anzeigepflichtig, erfordert spezielle Entsorgungs- und Behandlungskonzepte und kann ein gesamtes Gebäude vom Keller bis zum Dach befallen.
Ausfachungen:
Die Ausfachungen bestehen bei einfacheren Bauernhäusern meist aus einem Holzgeflecht aus Zweigen, die beidseitig mit Lehm verstrichen wurden. Gelegentlich wurden auch kleinere Bruchsteine aus dem Bausaushub mit verwendet. Aber auch die Verwendung von ungebrannten Lehmziegeln, die mit Stroh armiert wurden, war üblich. Diese Kombination aus Lehm, Holzresten und den Fachwerkbalken ist bautechnisch und bauphysikalisch gesehen ideal und verursacht am wenigsten Bauschäden.
Holz und Lehm sind Materialien mit sehr ähnlichen Ausdehnungskoeffizienten und Dämmeigenschaften, und im Falle eines Schadens in der Ausfachung wird einfach mit frischem Lehm neu verputzt. Heutzutage sind Ausfachungen aus Lehm im ökologischen Bauen wieder sehr in Mode gekommen, es werden großformatige, ungebrannte Lehmziegel mit Stroharmierung verbaut und mit frischem Lehm verstrichen.
Im städtischen Bereich wurden die Ausfachungen aber fast immer mit gebrannten Ziegeln erstellt. Entweder wurde das Mauerwerk hinterher innen und außen verputzt, oder außen als Sichtmauerwerk ausgeführt. Oft wurden die Ziegelsteine dann auch in Schmuckverbänden, zum Beispiel im Ornament, verlegt.
In diesem Fall sind die beiden lateralen Seiten des Fachwerks mit Dreikantleisten aufgedoppelt, in welche sich die Ziegel einfügen und das Herauskippen eines gesamten Gefaches verhindern. Anschließend wird die Fuge vermörtelt. Dafür sollte ein Mörtel mit hohem Kalkanteil gewählt werden, statt Portlandzement sollte Trasszement zugesetzt werden. Dies ergibt eine elastische Fuge, die den Bewegungen des Fachwerks besser standhält.
Verbesserung der Wärmedämmung und Dichtigkeit
Bis jetzt haben wir nur über die Sanierung der bestehenden Bausubstanz gesprochen. Wir haben also den ursprünglichen Zustand des Fachwerkhauses in seinem Baujahr wiederhergestellt. Nun wollen wir uns aber mit der Frage beschäftigen, wie eine Anpassung an unsere heutigen Wohnbedürfnisse und die aktuelle Wärmeschutzverordnung erreicht werden kann.
Auch wenn im Allgemeinen eine Außendämmung bauphysikalisch problemloser ist als eine Innendämmung, wird diese bei Fachwerkbauten so gut wie nie zum Einsatz kommen.
Egal ob dies der Denkmalschutz untersagt oder nur Sie selbst sich an der einmaligen Optik Ihres Fachwerks erfreuen wollen, bei dieser Art von Gebäuden muss von innen gedämmt werden. Dabei verschiebt sich der Taupunkt, das ist die Stelle, wo Wasserdampf aus dem warmen Innenraum auf dem Weg an die kalte Fassadenseite zu Wasser kondensiert, in die Konstruktion, und hier liegt das Risiko. Es muss sichergestellt werden, dass dieses anschließend schnell wieder ausdiffundieren kann.
Damit verbieten sich von vorneherein viele „moderne“ Materialien wie synthetische Dämmstoffe, Plastikfolien, Dampfbremsen, synthetische Dämmputze, Laminate und Verschalungen aus Holzimitaten. Ferner haben dichte Tapeten mit plastifiziertem oder Glasfaserrücken in Fachwerkbauten nichts zu suchen.
Theoretisch sind Dampfbremsen zwar physikalisch korrekt, um keinen Wasserdampf in die Konstruktion eindringen zu lassen, aber die Praxis hat gezeigt, dass besonders im Fachwerkbau diese mit der Zeit oft kleine Fugen aufweisen, die zur dauerhaften Speicherung der Feuchte in der Wand führen, da diese nur nach außen ablüften kann. Je nach Jahreszeit kann sich aber dieser Weg umkehren.
Wie bereits oben erwähnt, muss auf jeden Fall sowohl innen als auch außen auf dichte Anstriche verzichtet werden. An der Außenfassade empfehlen sich Silikatfarben, im Innenbereich entweder Kalk- oder Kaseinfarben. Es gibt auch eine Kombination aus beiden.
Welche Dämm-Materialien sind also empfehlenswert?
Die besten Materialien für die Innendämmung eines Fachwerkhauses sind diejenigen, die den ursprünglich bereits vorhandenen Materialien am nächsten kommen, also Holz und Lehm. In jedem Fall muss die erforderliche Schichtdicke und der Wärmeleitfaktor von einem Fachmann vor der Sanierung berechnet werden.
Falls Ihr Haus über genügend Wohnfläche und Zimmergrößen verfügt, können Sie für die Verbesserung der Dämmung die Errichtung einer zweiten Innenschale in Erwägung ziehen. Anders bei einem Ziegelmauerwerksbau besteht die Innenschale hier aus einer Lehmziegelwand. Lehmziegel gibt es in verschiedenen Formaten und Dicken, außerdem kann zur Verbesserung sogar eine Luftschicht zwischen der neuen Innenschale und der Fassade integriert werden.
Aber auch ohne Luftschicht garantiert die ausgezeichnete Wasser-Aufnahme- und Abgabe-Fähigkeit eine problemlose Trocknung des Fachwerks. Auf der Innenseite wird anschließend mit Lehm verputzt und mit einer natürlichen Kalk- oder Kaseinfarbe gestrichen. Es sollten keine Tapeten geklebt werden, weil dies erstens den positiven Effekt des Lehmputzes auf das Raumklima aufhebt und zweitens Lehm beim Durchfeuchten zu gelben Flecken führen kann.
Falls diese ideale Methode wegen Platzmangels nicht in Frage kommt, bieten sich Dämmungen mit Hanfplatten, Holzfaserplatten, Flachs, Kokosmatten, Schilfrohrmatten oder Einblasdämmungen aus Zellulose, Kork oder Schafwolle an. Im Einzelfall muss berechnet werden, wie unter den Gegebenheiten eine optimale Dämmung erreicht werden kann.
Zusammenfassung
Wie Sie sehen, sind es neben den konstruktiven Maßnahmen in erster Linie die geeigneten Materialien, die eine erfolgreiche Sanierung kennzeichnen. Verzichten Sie auf alle synthetischen Materialien und wählen Sie stattdessen ökologische Baustoffe.
Diese sind zwar etwas teurer, aber wesentlich günstiger als eine falsche Sanierung, die teure Bauschäden nach sich zieht. Außerdem stehen Ihnen bei einem denkmalgeschützten Gebäude Subventionen von bis zu 30% und steuerliche Vergünstigungen zur Verfügung.